Patagonien
Von Chaitén nach Futaleufú
Um 6:00 Uhr klingelt Andreas’ Frühsport-Wecker. Ich kann dagegen noch etwas das warme Bett genießen und tue das ausgiebig, denn draußen ist es heute Morgen richtig frisch.
Als Andreas von seiner Runde zurück ist, packen wir unsere Koffer, zahlen die Rechnung und begeben uns zum Frühstück. Es gibt Schoko-Muffins, Brötchen, Aufschnitt, Rühreier und irgendeinen Saft. Alles in allem ganz in Ordnung.
Gegen 8.30 Uhr fahren wir dann los in Richtung Futaleufú — unserem Tagesziel für heute.
Über Nacht hat sich der Himmel zum Glück weitestgehend abgeregnet: nur noch einzelne dunkle Wolken sind zu sehen und wir hoffen auf einen weiteren schönen Tag.
Wir fahren entlang des kristallklaren Yelcho-See und halten immer wieder an vielen Viewpoints. Ein paar Bilder von unterwegs:
Für unsere heutige Wanderung haben wir uns den Yelcho-Gletscher ausgesucht. Als wir am Trailhead ankommen, herrscht nicht allzu viel Betrieb und die Sonne scheint — also schnüren wir unsere Wanderschuhe und marschieren gegen 10:15 Uhr los.
Der Pfad führt durch dichten Regenwald und folgt dabei immer dem Lauf des rauschenden Gletscherabflusses.
Es geht nur sehr seicht bergauf, sodass man die Steigung kaum bemerkt und auf dem weichen Waldboden ist es sehr angenehm zu laufen. Trotzdem müssen wir uns konzentrieren, denn durch den gestrigen Regen ist es sehr matschig und insbesondere die Wurzeln sind extrem rutschig.
Unterwegs gibt es einige schöne Aussichtspunkte, von denen man einen schönen Blick auf die Gletscherzunge hat. Wir nutzen jeden einzelnen, da am Himmel wolkenmäßig sehr viel Dynamik herrscht und die Sicht ständig wechselt.
Unterwegs treffen wir auf eine Gruppe Waldarbeiter, die mit dem Abholzen und Freischneiden des Weges zugange sind. Wie wir erfahren, ist der Wanderweg zum Yelcho Gletscher wohl öfters gesperrt, da die Vegetation hier einfach zu schnell wächst.
An einer hölzernen Plattform mit Blick auf den Gletscher treffen wir dann auf eine Wandergruppe und auf das End-of-Trail-Schild, was für uns überraschend früh kommt. Laut der Aufzeichnung, nach der wir laufen, müsste der Weg eigentlich noch ein ganzes Stück weiter gehen und bis ganz an die Gletscherzunge heranreichen.
Die geführte Gruppe tritt hier den Rückweg an, aber der Weg scheint hinter dem Schild noch unbefestigt weiterzugehen und so beschließen wir, einfach mal zu schauen, wie weit wir kommen.
Sehr weit ist das allerdings nicht. Schon nach wenigen hundert Metern müssen wir das Unterfangen aufgeben, denn es ist alles völlig zugewachsen und absolut kein Durchkommen für uns.
So versuchen wir stattdessen, entlang des Flussbettes noch ein Stück näher an den Gletscher heranzukommen, was uns ziemlich nasse Füße beschert
Aber auch hier müssen wir recht bald das Handtuch werfen — die Strömung wird einfach zu stark, als dass wir weiter vorankommen könnten. Schade.
Also machen wir uns wieder auf den Rückweg und sind nach insgesamt 2.5 Stunden wieder am Auto zurück. Wir entledigen uns unserer schlammigen Wanderschuhe und setzen unsere Fahrt gegen 13:00 Uhr fort.
Wettermäßig hat sich mittlerweile ein durchwachsener Sonne-Wolken-Niesel-Mix eingestellt.
Als wir in Villa Santa Lucia von der Carretera Austral in Richtung Futaleufú abbiegen müssen, sind wir zunächst etwas irritiert, denn die Straße, die auf unserer Karte angezeigt wird, scheint es nicht mehr zu geben. Außerdem wundern wir uns über die massive Zerstörung zu beiden Seiten der Hauptstraße und die vielen chilenischen Fahnen überall.
Wir fahren in das Städtchen hinein, holen uns im örtlichen Mercado ein paar Empanadas und kommen dabei mit anderen Reisenden in’s Gespräch. Wir erfahren, dass es hier vor zwei Jahren einen riesigen Bergrutsch und eine Schlammlawine gegeben hat, wodurch über Nacht die Straße und etliche Häuser weggerissen worden sind.
Wir schauen uns daraufhin noch die Gedenkstätte und das Museum an, die an diese Katastrophe erinnern.
Dann geht es über eine kleine Umleitung weiter entlang des Lago Yelcho und später entlang des Río Futaleufú — der fröhlich über die Stromschnellen hüpfende Fluss, dessen brodelndes und wirbelndes Wasser morgen unsere Herausforderung beim Rafting sein wird.
Immer mal wieder halten wir an, um unsere Location für morgen schon einmal in Augenschein zu nehmen
Gegen 16:00 Uhr kommen wir schließlich in Futaleufú an. Hier schauen wir als erstes beim Rafting Veranstalter Patagonia Elements vorbei, um die letzten Details der morgigen Tour abzuklären.
Leider ist wohl der Wasserstand aktuell zu hoch, so dass unsere gebuchte Tour nicht ganz so wie geplant stattfinden kann. Wir können nur eine verkürzte Strecke fahren, da alle längeren aus Sicherheitsgründen gerade nicht durchgeführt werden. Schade, aber klar — Sicherheit geht vor.
Wir gehen noch geschwind in einen Supermarkt, um unseren Getränkevorrat aufzufüllen und an eine Tankstelle, um auch benzintechnisch wieder sorgenfrei fahren zu können. Dann checken wir in unserer gebuchten Unterkunft Hostal La Gringa Carioca für die nächsten zwei Nächte ein.
Das Häuschen mit dem großen Garten gefällt uns sehr gut. Auch das Zimmer ist soweit in Ordnung und wir richten uns erstmal häuslich ein.
Anschließend sitzen wir noch eine Weile im Garten und plaudern mit der Gastgeberin Adriana. Sie gibt uns ein paar Tipps für die Stadt und empfiehlt uns insbesondere den Pisco Sour im Martin Pescador. Das wäre angeblich der allerbeste und den sollten wir unbedingt probieren.
Wir bummeln noch eine Runde durch das nette Örtchen …
… und folgen dann ihrem Tipp.
Als wir im Restaurant ankommen, ist es zum Abendessen zwar noch etwas zu früh — das gibt es hier erst ab 19:30 Uhr — aber wir machen es uns einfach inzwischen in der hauseigenen Lümmelecke gemütlich und probieren unseren ersten Pisco Sour. Mann, ist der lecker…
Als dann so langsam die ersten anderen Gäste kommen und zum Essen Platz nehmen, wechseln wir von den gemütlichen Sofas an einen Tisch und bestellen das empfohlene Tasting Menu, welches sieben kleine Gänge umfasst.
Wir sind absolut begeistert: Ein Gang ist leckerer als der andere und wir schweben im siebten Genusshimmel.
Gegen 21:00 brechen wir wieder auf und wissen schon, wo wir morgen wieder zum Essen hingehen werden