Patagonien

Von Hornopiren nach Chaitén

Als um 5:00 Uhr der Wecker klingelt, reißt er uns unsanft aus dem Land der Träume. Aber was muss, das muss — schließlich wollen wir auf die frühe Fähre um 7:00 Uhr und müssen dafür eine Stunde vorher da sein.

Wir legen eine schnelle Katzenwäsche hin und gehen dann zum Frühstück.

Es ist zwar um diese Zeit noch niemand von den Angestellten da, aber uns wurde gestern Abend bereits ein kleiner Tisch hergerichtet mit dem Allernötigsten.

Überfressen tun wir uns daran nicht, und Kaffee gibt es leider auch keinen, aber dafür plündern wir den O-Saft-Vorrat.

Und Frühstück wird sowieso überbewertet biggrin

Um 6:00 Uhr sind wir durch und fahren runter zum Hafen, wo wir uns in die Autoschlange für die Fähre einreihen. Es hieß bei der Buchung, dass man sich trotz Reservierung eine Stunde vor Abfahrt an der Mole einfinden soll. Andreas unkt zwar zuerst, dass das viel zu früh wäre und wir jetzt sicher ewig hier herumstehen würden, aber dann geht es doch schon nach ein paar Minuten mit dem Beladen der Fähre los und 20 Minuten später sind wir bereits an Bord.

Da es draußen noch ziemlich dunkel und auch ordentlich frisch ist, machen wir es uns zunächst im Inneren bequem und beobachten, wie sich die Fähre nach und nach füllt. Das tut sie übrigens bis auf den letzten Platz — gut dass wir im Vorfeld reserviert hatten…


Pünktlich um 7:00 Uhr geht es dann los. Wir holen uns zwei Kaffee zum aufwärmen und zum munter werden und gehen an’s Oberdeck, um uns an der Fahrt durch die Fjordlandschaft zu erfreuen.

Es wird schnell hell und schon bald strahlt die Sonne vom wolkenlosen Himmel auf eine tolle Landschaft: im Sommer vom Meer aus schneebedeckte Berge zu sehen, ist eine Premiere für uns.

Leider merken wir irgendwann, dass die Fähre aus für uns unerfindlichen Gründen nicht durch die Fjorde fährt, sondern außen herum direkt nach Caleta Gonzalo.

Wir hatten eigentlich die Variante mit der Doppelfähre gebucht, bei der man das kurze Zwischenstück von Leptepú nach Fiordo Largo mit dem Auto überbrücken muss. Diese Variante wäre landschaftlich sicher die noch schönere — schade.

Eine Nachfrage bei einer der offiziellen Personen an Bord ergibt, das laut Fahrplan um diese Zeit immer die direkte Fähre verkehrt — da hat uns die Dame von der Reiseagentur, bei der wir die Tickets gebucht haben, wohl etwas falsches erzählt…

Aber auch unsere Fahrt ist schön, zumal bei dem tollen Wetter, was wir heute haben. Wir genießen die Sonne auf dem Oberdeck und Andreas muss zähneknirschend zugeben, dass auch echte Männer hin und wieder Sonnencreme brauchen wink

Als uns auf der Hälfte der Strecke die zweite Fähre entgegen kommt, lässt der Kapitän zur Begrüßung das Nebelhorn laut aufdröhnen. Wir sitzen dummerweise gerade direkt darunter und bekommen einen mörderischen Schreck.

Auch die Autos an Bord erschrecken sich so sehr, dass mindestens 10 Alarmanlagen auf einmal anspringen…


Pünktlich um 12:00 Uhr kommen wir nach fünf Stunden Fahrt in Caleta Gonzalo an.

Hier befindet sich das Eingangstor zum Pumalín Park — einem Naturpark im Privatbesitz des amerikanischen Millionärs Douglas Tompkins, Gründer der Bekleidungsfirmen The North Face und Esprit.

Er hat in Patagonien große Landflächen aufgekauft, um sie unter Schutz zu stellen.

Wir wollen auf dem Weg nach Chaitén ein paar kleinere Wanderungen im Pumalin Park machen und fahren nach dem Ablegen der Fähre direkt los.

Es geht auf eine Schotterpiste vom Feinsten und da es eine Weile dauert, bis sich die Autoschlange nach der Fähre etwas entzerrt hat, ist erstmal ordentlich Staubschlucken angesagt.

Zum Glück sind es nur wenige Kilometer bis zum ersten Trailhead, wo wir aus der Kolonne ausscheren.

Der Sendero Alerce ist ein netter kleiner Rundweg durch einen urwüchsigen Regenwald. Obwohl er nur sehr kurz ist, gefällt er uns ausgesprochen gut:

Auf Holzplanken laufen wir durch den Alercenwald mit seinen uralten patagonischen Lärchen. Riesige Farne und von Bäumen herunterhängendes Moos versprühen einen Hauch von Mittelerde wink

Das Highlight sind einige riesige Alercen, die ein bisschen an den Redwood Park in den USA erinnern.

Insgesamt sind wir gerade mal 30 Minuten unterwegs — eine halbe Stunde, die sich echt gelohnt und uns beeindruckt hat.


Nur ein paar Kilometer weiter halten wir bereits zum nächsten Trail: dem Sendero Cascadas Escondidas.

Dieser ist mit knapp fünf Kilometern deutlich länger und auch ein bisschen anstrengender: Entlang eines kleinen Gebirgsbaches geht es stetig steil bergauf durch den Regenwald. Ab und zu überqueren wir mit Hilfe kleiner Holzbrücken den Bach und kommen an zahlreichen kleineren Kaskaden und Wasserfällen vorbei.

Außerdem gibt es unterwegs noch zwei größere Wasserfälle: die Cascadas Bajas und die Cascadas Altas, die sich jeweils schon aus einiger Entfernung durch ein donnerndes Geräusch ankündigen.

Für den Rückweg gibt es im mittleren Bereich eine ebenso abwechslungsreiche Alternativstrecke, so dass man nicht das besonders steile Stück zurücklaufen muss — die Knie sind dankbar wink

Nach 2.5 Stunden sind wir wieder zurück am Parkplatz und fahren nach einer kurzen Stärkung gegen 15:30 Uhr weiter.


Für den Trail zum Vulkan Chaitén, den wir eigentlich gerne noch gemacht hätten, reicht uns jetzt leider die Zeit nicht mehr.

So halten wir stattdessen nur noch einmal am Rio Negro Campingplatz, wo es einen kurzen Trail zum gleichnamigen See gibt.

Nichts aufregendes, aber ganz nett und bereits nach 30 Minuten sind wir wieder zurück.


Wir fahren das letzte Stück bis nach Chaitén, wo wir gegen 17:00 Uhr in der Posada de Expediciones Kahuel einchecken.

Wir werden total nett begrüßt von der Inhaberin Kat, die extrem gut drauf ist und gute Laune pur ausstrahlt. Sie zeigt uns alles vor Ort, gibt uns noch ein paar Tipps für Unternehmungen und bietet an, dass es im Haus auch Abendessen gäbe, falls wir das denn möchten.

Da die Hosteria ziemlich weit außerhalb vom Ort liegt und wir ungern mit dem Auto zum Essen fahren wollen, nehmen wir diesen Vorschlag gerne an.

Wir beziehen unsere Cabaña mitten im Regenwald und richten uns halbwegs ein. Das Häuschen ist geräumig, nett eingerichtet — passt thumbsup

Wifi gibt es zwar nur im Haupthaus, aber das ist ja nicht weiter schlimm.

Inzwischen hat die Sonne den Kampf gegen die Wolken komplett verloren und es hat richtig heftig angefangen zu regnen. Andreas will trotzdem noch ein Stück spazieren gehen, da ihm die Zeit bis zum Dinner zu lang ist. Ich habe dazu bei dem Regen aber überhaupt keine Lust, zumal ich gerade erst geduscht habe und so gehen wir für die nächste Stunde getrennte Wege wink

Andreas tut, was er nicht lassen kann und ich setze mich mit einem Glas Rotwein und dem Laptop in die Lobby, chatte ein bisschen mit den Daheimgebliebenen, sichere die Fotos und schreibe ein wenig am Reiseblog.

Zum Dinner stößt Andreas dann wieder dazu.

Es gibt zwei Essen zur Auswahl:

Ají de gallina — ein peruanisches Gericht mit Hühnchen in einer cremigen Sauce und Chupe de centolla — eine Art Clam Chowder.

Wir probieren beides und befinden es für durchaus essbar thumbsup

Noch ein Bierchen und ein Glas Wein zum nachspülen und dann geht es in die Falle.