Patagonien
Torres del Paine NP
Der Wecker klingelt um 6:00 Uhr. Für heute ist ziemlich schlechtes Wetter gemeldet — es soll den ganzen Tag lang Hunde und Katzen regnen — und wir wollen am liebsten gar nicht aufstehen.
Aber als wir aus dem Fenster schauen, können wir es schier nicht glauben: wir blicken schon wieder auf einen freundlichen blauen Himmel.
Also hüpfen wir schnell aus dem Bett und sitzen eine halbe Stunde später am Frühstückstisch. Wieder plündern wir das Buffet und hauen uns ordentlich den Magen voll.
Dann checken wir aus und brechen direkt auf, um die schönen Stunden heute noch möglichst gut zu nutzen, bevor der angekündigte Katzen-Regen einsetzt.
Der blaue Himmel fängt schon langsam an, sich zu verflüchtigen und die ersten dunklen Wolken ziehen auf. Trotzdem sieht es nach wie vor relativ freundlich aus und wir hoffen auf noch ein paar trockene Stunden.
Wir fahren quer durch den Park und kommen dabei an vielen hübschen kleinen Tümpeln, Seen und Lagunen vorbei — zum Beispiel an der Laguna Larga, am Lago Nordenskjöld und an der Laguna Mellizas.
Und wir haben dabei immer eine schöne Sicht auf die markanten Cuernos.
Wir fahren bewusst langsam und gemächlich und halten unterwegs sehr oft an, so dass wir fast eine anderthalbe Stunde bis zum Parkplatz an den Salto Grande Falls brauchen.
Hier laufen wir den sehr kurzen Weg zum Aussichtspunkt. Das türkis-blaue Wasser des Rio Paine stürzt tosend über die Felsen und dann etwa 15 Meter in die Tiefe. Recht beeindruckend.
Man könnte von hier aus auch noch ein ganzes Stück weiter laufen zum Cuernos Lookout, aber diese Wanderung heben wir uns auf für einen anderen Tag — heute wollen wir noch weiter bis zum Lago Grey.
Aber natürlich gibt es vorher noch ein kurzes Fotoshootings vor dem Hintergrund der Cuernos
Ab hier ist die Straße zum Lago Grey richtig übel — grober Schotter und Wellblech vom Feinsten — so dass wir nicht wirklich schnell fahren können. Wir wollen schließlich nicht riskieren, dass unsere Scheibe weiter reißt und womöglich noch ganz kaputtgeht.
Aber nichtsdestotrotz ist die Fahrt spektakulär und bietet unterwegs grandiose Ausblicke — hier zum Beispiel am Lago Pehoe mit Blick auf unsere heutige Unterkunft, die wir aber vorerst einmal links liegen lassen.
Gegen 10:30 Uhr kommen wir dann am Hotel Lago Grey an. Hier haben wir die Wahl zwischen zwei Wanderwegen, die direkt am Parkplatz starten: einer mit ordentlich Höhenmetern zum Aussichtspunkt Mirador Ferreir und ein relativ flacher Weg zum Lago Grey.
Andreas darf entscheiden und so ist natürlich völlig klar, dass es der Erste wird
Wir schnüren also die Wanderstiefel, packen reichlich zu trinken ein und registrieren uns an der Grey Ranger Station. Dann versuchen wir uns am Aufstieg zum 650 Meter höher gelegenen Mirador Ferrier.
Der Weg ist zwar mit insgesamt 7.5 Kilometern nicht wirklich lang, doch der Pfad ist schmal und steil mit teilweise sehr hohen Stufen, so dass es zu einer ziemlich schweißtreibenden Angelegenheit wird.
Auflockerung und Motivation gibt es unterwegs durch lustige Schilder am Wegrand, auf denen jeweils ein kleiner Biber verkündet, wieviele Höhenmeter noch vor uns liegen — eine nette Idee
Je höher wir kommen, umso stürmischer wird es und als wir schließlich den Gipfel erreicht haben, haut es uns fast aus den Latschen.
Wir können die Aussicht auf den Lago Grey mit seinen Gletschern nicht wirklich genießen, da wir uns viel zu sehr darauf konzentrieren müssen, nicht umgeblasen zu werden.
Wir klammern uns an allem fest, was irgendwie stabil genug erscheint und nach zwei, drei schnellen Fotos sind wir von dem eisigen Wind so ausgekühlt, dass wir schnellstmöglich wieder den Rückzug antreten.
Ein paar vereinzelte Wagemutige kommen uns auf dem Weg nach unten entgegen, aber im großen Ganzen ist der Weg schon eher schwach frequentiert.
Das wiederum kann man von unserem nächsten Trail überhaupt nicht sagen:
Als wir nach knapp vier Stunden gegen 14:30 Uhr wieder unten ankommen und uns im Trailregister ausgetragen haben, ist Andreas ist noch nicht ausgelastet und wir haben auch noch etwas Zeit. Also machen wir gleich noch die zweite Tour zum Lago Grey hinterher, die ebenfalls am Parkplatz startet.
Diese beginnt mit der Überquerung einer hölzernen Hängebrücke, an der es sich schon gleich erstmal staut. Immer nur sechs Personen dürfen gleichzeitig darüber, was bei einer direkt vor uns abgesetzten Busladung voller Touristen eine Weile Anstehen bedeutet.
Nachdem diese Hürde einmal genommen ist, ist die Wanderung aber eigentlich ganz nett: sie führt zum südlichen Ufer des Lago Grey mit einem breiten Kiesstrand. Im Wasser schwimmen jede Menge tiefblaue Eisbrocken — teilweise zum Greifen nah — und am Ende des Strandes kann man noch auf einer kleinen baumbestandenen Halbinsel zu einem Aussichtspunkt laufen.
Alleine ist man dabei natürlich nicht:
Zu den ohnehin schon vielen Bustouristen, die hierher gebracht werden, gesellen sich später noch diejenigen, die gerade von der Bootsfahrt auf dem Grey Lake zurückkommen.
Entsprechend lange dauert dann auf dem Rückweg das öde Anstehen an besagteter Hängebrücke…
Aber zumindest können wir während dem Warten ein paar Smaragdsittiche in den Bäumen beobachten, unter anderem ein Weibchen, das gerade sein Baby in einem Astloch füttert.
Gegen 16:30 Uhr sind wir wieder am Parkplatz und fahren nun eine Stunde über Feinripp zurück zum Lago Pehoe. Dort checken wir in der traumhaft gelegenen Hosteria Pehoe für die nächsten drei Tage ein.
Draußen hat es sich in der Zwischenzeit immer mehr zugezogen und das angekündigte schlechte Wetter scheint jetzt wohl doch tatsächlich zu kommen.
Wir beziehen unser Zimmer und befinden es für halbwegs ok — da hatten wir nach diversen Berichten Schlimmeres erwartet. Auch hier gilt: es ist nicht annähernd das, was man normalerweise für so einen Preis erwarten würde, man bezahlt hier halt vor allem die Lage. Aber wir werden es die nächsten drei Tage hier schon gut aushalten.
Zum Abendessen gibt es nicht viele Alternativen und so essen wir im Hotel-Restaurant, wo wir zwischen zwei täglich wechselnden dreigängigen Menüs und Burger oder Sandwiches von der Karte wählen können.
Wir nehmen das Menü, was ganz in Ordnung ist: nichts Besonderes, aber einfache, solide Küche: Kürbissuppe, frittierte Zucchini, Lamm mit Rosmarin-Kartoffeln und ein Stück Kuchen als Dessert.
Dann macht sich langsam die Bettschwere breit. Draußen stürmt es wie verrückt und wir kuscheln uns in unsere warmen Decken. Die Schlechtwetterfront rückt mit aller Gewalt an und wir gehen mal davon aus, dass morgen Ausschlafen angesagt ist, denn die geplante lange Wanderung zum Grey Gletscher haben wir gedanklich schon gestrichen…