Patagonien

El Chaltén: Loma del Pliegue Tumbado

Der Wecker klingelt um 6:00 Uhr und reißt uns aus unseren Träumen.

Aber wer den Fitz Roy im schönsten Morgenlicht sehen will, kann nicht länger schlafen und Andreas hat mich gestern mit seinem Bild vom Joggen angefixt.

So fahren wir gegen 6:30 Uhr zum Aussichtspunkt vor der Stadt und beobachten, wie der Fitz Roy von der aufgehenden Sonne langsam in ein rotes Licht getaucht wird.

Und heute gibt es als Zugabe sogar noch einen hübschen Vollmond, der sich fotogen im Bild platziert.

Nach einer Viertelstunde ist das Schauspiel vorbei und wir fahren zurück in’s B&B zum gewohnt guten Frühstück.


Danach geht es zum Wanderparkplatz am Stadtrand. Heute direkt mit dem Auto, da wir im Anschluss an die Wanderung noch tanken und Getränke im Supermarkt kaufen wollen.

Unsere heutige Tour zum Loma del Pliegue Tumbado soll angeblich die anstrengendste der drei längeren Wanderungen im Gebiet von El Chaltén sein, da auf den 20 Kilometern auch noch über 1100 Höhenmeter zu überwinden sind.

Da wir aber wieder recht früh dran sind — wir starten um kurz vor 8:00 Uhr — können wir das Ganze recht gemütlich angehen.

Wir stellen das Auto ab, schnüren unsere Wanderstiefel und packen reichlich Getränke ein.

Eugenia vom B&B hatte uns gesagt, dass man bei dieser Wanderung unterwegs kein Wasser nachfüllen solle, da es wegen der oben wild lebenden Kühe nicht trinkbar sei.

Der Wanderweg führt anfangs durch eine offene Landschaft bei moderatem aber stetigem Anstieg. Mit meinen ausgeliehen Wanderstöcken komme ich super zurecht und merke die Höhenmeter fast gar nicht.

Später geht es über ein Wiesenplateau, wo wir die besagte Herde wild lebender Rinder treffen. Schon von weitem machen sich die Tiere durch lautes Muhen bemerkbar und platzieren sich sehr fotogen vor dem wundervollen Bergpanorama.

Es ist eine bunte Mischung aus kleinen Kälbchen, Kühen mit prallen Eutern und finster dreinblickenden Bullen, die sich schützend vor ihren Nachwuchs stellen. Mit denen wollen wir uns lieber nicht anlegen und machen freiwillig einen kleinen Umweg, denn der Wanderweg würde ansonsten direkt durch die Herde führen.

Wir sind am Vormittag auf unserer Wanderung auch mehr oder weniger völlig alleine unterwegs. Zwei oder dreimal überholen uns einzelne andere Wanderer, die ein bisschen schneller unterwegs sind als wir, aber wir lassen es heute sehr gemütlich angehen.

Später verläuft der Weg dann wieder ein ganzes Stück durch den Wald. Dort entdecken wir überraschenderweise einen hübschen Caracara, der auf einem umgestürzten Baum am Boden sitzt. Für einen Greifvogel eigentlich eine eher ungewöhnliche Stelle.

Nach etwa zweieinhalb Stunden erreichen wir die Baumgrenze. Wir machen auf einer schönen großen Wiese eine kurze Pause, bewundern dass herrliche Panorama und laufen dann weiter.

Ab hier geht es über steinigen Untergrund, der Pfad ist jedoch meist ausgetreten und insgesamt gut zu laufen, so dass wir bereits eine Stunde später den Mirador Pliegue Tumbado erreichen.

An diesem befinden wir uns ein ganzes Stück oberhalb unserer gestrigen Wanderung und können die Laguna Cerro Torre mit den umliegenden Bergen und den Gletschern von der anderen Seite aus bewundern. Heute ergibt sich ein viel freundlicheres Bild, da die ganze Szenerie von der Sonne angestrahlt wird.

Wir verschnaufen noch einmal ein wenig und nehmen dann die letzten 200 Höhenmeter auf die schmale Gipfelkuppe hinauf in Angriff.

Dieser Anstieg über losen Schutt und Geröll ist zwar recht anstrengend, aber mit den Stöcken geht es ganz gut und immer einen Schritt vor den anderen folgen wir dem Zickzackpfad bis ganz nach oben.

Die Belohnung ist eine fantastische 360° Aussicht:

Auf die Laguna Torre und die sich hinter dem Gletscher auftürmenden Granitspitzen, auf die mehr als 1000 Meter darunter liegenden Täler des Rio Fitz Roy und auf den türkisblau schimmernden Lago Viedma.

Wir suchen uns ein schönes Plätzchen für unseren Lunch, genießen diesen herrlichen Rundumblick und die Sonne, machen ein paar Faxenbilder und lassen einfach Fünfe gerade sein.

Nach etwa einer Stunde brechen wir dann gegen 13.00 Uhr wieder für den Rückweg auf. Auf dem ersten Stück die Gipfelkuppe hinunter müssen wir uns noch einmal gut konzentrieren, aber dann laufen sich die restlichen acht Kilometer zurück zum Ausgangspunkt der Wanderung quasi ganz von alleine.

Nach insgesamt 8.5 Stunden erreichen wir gegen 16:30 Uhr wieder den Parkplatz. Das war wirklich eine tolle Wanderung und nicht annähernd so anstrengend, wie wir uns das vorgestellt hatten.


Wir fahren direkt noch zur Tankstelle, wo um diese Uhrzeit recht wenig Betrieb herrscht, und füllen im Supermarkt unseren Getränkevorrat wieder auf.

Dann geht es zurück in’s B&B mit dem üblichen Nach-Der-Wanderung-Programm: Duschen, Chillen, Fotos sichern…

Als wir genug vom chillen haben, laufen wir nochmal in’s Städtchen. Wir geben die ausgeliehenen Wanderstöcke zurück und landen zum Abendessen im Patagonia Rebelde.

Hier gibt es eine große Auswahl an Lammgerichten und dazu Live-Musik mit der Gitarre. Argentinische Folklore — gefällt uns thumbsup — und das Essen ist ausgesprochen lecker.

Auf dem Rückweg kommen wir später noch an einem ganz kleinen Outdoor Laden vorbei, in dem wir bisher noch nicht waren. Wir schauen kurz hinein und sehen, dass es exakt die gleichen Wanderstöcke hier zum halben Preis gibt. Nachdem ich heute so gut damit gelaufen bin, überlegen wir nicht lange und schlagen zu — zumal wir gerade zu einem äußerst günstigen Wechselkurs Geld getauscht haben.

Zurück in unserer Cabaña kruschteln wir noch ein bisschen vor uns hin und gegen 22:00 Uhr knipsen wir das Licht aus.