Patagonien

Von Cochrane nach Lago Posadas

Heute steht der erste von drei längeren Fahrtagen auf dem Programm. Wir wollen bis nach Lago Posadas und müssen dabei die Grenze nach Argentinien passieren.

Um 6:30 Uhr klingelt der Wecker und draußen strahlt die Sonne — nicht eine einzige klitzekleine Wolke ist am Himmel zu sehen. Es ist mit gerade mal vier Grad zwar noch ziemlich frisch, aber das wird trotzdem ein toller Tag!

Da es in der Unterkunft kein Frühstück gibt, plündern wir wieder unsere Kühltasche und fahren danach relativ früh um 7:30 Uhr los.

Kurz hinter Cochrane verlassen wir die Carretera Austral und biegen in Richtung Argentinien ab.

Unsere Route führt nun durch das Valle Chacabuco und den wunderschönen Parque Patagonia, der — ebenso wie der Pumalin Park — von dem bekennenden Umweltaktivisten Douglas Tompkins erschaffen wurde.

Hier legen wir auch unseren ersten Zwischenstopp ein, um mit einer kleinen Wanderung die Fahrt etwas aufzulockern.

Wir entscheiden uns für den Trail zur Laguna Cisnes. Es ist eigentlich kein offizieller Wanderweg, sondern ein aufgezeichneter GPX Track, dem wir folgen, aber in der relativ offenen Landschaft kann man nicht wirklich falsch laufen.

Unterwegs sehen wir unsere ersten Guanakos. Sie sehen einfach drollig aus: ab und zu wirft sich eines auf den Rücken, wälzt sich herum und strampelt dabei mit den Beinen — ein köstliches Schauspiel, nur leider nicht auf den Bildern festgehalten, da wir zu begeistert zugeschaut haben.

Später entdecken wir, wie sich im hohen Gras ein buschiger weißer Schwanz hin und her bewegt. Wir pirschen uns vorsichtig heran und nähern uns dem schwarz-weißen Etwas, was da im Boden herum buddelt.

Es stellt sich heraus, dass es sich um ein Stinktier handelt, was sich überhaupt nicht davon beeindrucken lässt, dass wir nur einen halben Meter neben ihm stehen und es beobachten.

Nur einmal blickt es uns kurz treudoof an, dann befindet es offenbar, dass das, wonach es gerade buddelt, deutlich interessanter ist als wir und wendet uns wieder sein Hinterteil zu.

Auch landschaftlich gefällt uns die hügelige, liebliche Gegend rund um die Lagune sehr gut:

Nach knapp drei Stunden haben wir unsere Runde vollendet, entledigen uns der Wanderschuhe und schlüpfen für die restliche lange Fahrt in bequeme Schlappen.


Beim Einsteigen in’s Auto bemerken wir, dass der Riss in unserer Frontscheibe deutlich größer geworden ist. Mittlerweile ist er an die 30 Zentimeter lang und wir fangen langsam an, uns ernsthafte Sorgen zu machen. Zumal wir jetzt erstmal für zehn Tage nach Argentinien fahren, wo eine Reparatur noch schwieriger sein wird. Hoffen wir einfach mal, dass nicht mehr ganz so viele und üble Schotterstraßen vor uns liegen.

Wir fahren weiter durch den Parque Patagonia, der mit seinen Variationen der Landschaft die unterschiedlichsten Lebensräume und somit eine erstaunliche Artenvielfalt beherbergt.

Von den vielen im Park vorhanden Vogelarten sehen wir unterwegs zum Beispiel ein paar Nandus. Einer von ihnen ist mit einem roten Halsband markiert und agiert recht aggressiv — er erinnert uns ein wenig an die angriffslustigen Strauße, die wir in Namibia erlebt haben.


Etwa 10 Kilometer vor der argentinischen Grenze kommen wir zur chilenischen Kontrollstation. Der Grenzbeamte spricht kein einziges Wort Englisch und bemüht sich auch nicht ansatzweise, für uns etwas langsamer Spanisch zu sprechen. Er wirkt insgesamt ziemlich lustlos — offenbar haben wir ihn gerade beim Mittagessen gestört.

Aber wir bekommen es irgendwie hin. Fahrzeugpapiere und Pässe vorlegen, alles in den Computer abtippen, Papiere abstempeln und nach 10 Minuten wird die schwere Kette am Tor für uns geöffnet. Das hatten wir uns schwieriger vorgestellt.

Dann fahren wir eine Weile durch’s Niemandsland, bis wir zum argentinischen Grenzposten kommen. Auch hier stören wir ganz offensichtlich beim Essen — der Geruch aus dem Nebenzimmer ist eindeutig.

Aber dem Argentinier macht das wohl nichts weiter aus, er ist deutlich freundlicher.

Erneutes Vorzeigen der Papiere, nochmaliges Abtippen in den Computer.

Und hier gibt es noch zusätzlich einen Blick ins Auto, wobei der Grenzbeamte unseren Honig misstrauisch beschnuppert.

Aber als er auch nach dem Umklappen der Sitze darunter nichts Verdächtiges findet, wird die zweite Kette für uns aufgesperrt und um 14:15 Uhr sind wir in Argentinien.


Wir werden begrüßt von saftigen Wiesen und unzähligen Wasservögeln:

Dann fahren wir über den Paso Roballos durch eine abwechslungsreiche Landschaft weiter, bis wir schließlich gegen 16:00 Uhr in Lago Posadas ankommen.


Hier tanken wir einmal voll und checken dann direkt im Río Tarde Casa Patagónica ein. Wir werden vom Eigentümer Pedro sehr nett empfangen. Er erklärt uns die Gegebenheiten und empfiehlt uns, unbedingt noch einen Abstecher zum See zu machen — es wäre ja schließlich noch recht früh und Abendessen gäbe es eh erst ab 20:00 Uhr.

Eigentlich haben wir ja heute schon lange genug im Auto gesessen und wollen den Abstecher zum See eher auslassen, da er mindestens eine weitere Stunde im Auto bedeutet. Aber Pedro schwärmt so sehr davon, dass wir uns am Ende überreden lassen.

Also räumen wir nur schnell unsere Taschen ins Zimmer, checken kurz die Lage — passt thumbsup — und düsen gegen 16:45 Uhr noch mal los zum Lago Posadas.

In 40 Minuten erreichen wir die empfohlene Stelle, an der wir einen großen Sea Arch bewundern können und eine tolle Aussicht haben.

Andreas testet noch eben die Wassertemperatur, befindet sie jedoch eindeutig für zu kalt und ist bereits nach fünf Minuten wieder aus dem Wasser heraus.

Wir bleiben eine Stunde und erfreuen uns an der tollen Szenerie, dann fahren wir wieder in den Ort zurück.

Auf der Rückfahrt läuft uns sogar noch ein kleiner Fuchs über den Weg - das war heute eine echt gute Wildlife Ausbeute.

Wir springen kurz unter die Dusche und setzen uns dann mit einem Glas Wein in den „Salon“ im oberen Stockwerk.

Sehr urig und individuell gestaltet.

Hier lernen wir auch noch die anderen Familienmitglieder kennen, die alle gemeinsam die Herberge betreiben.

Um 20:00 Uhr gibt ein 3-Gänge-Menü zum Abendessen.

Eine ausgesprochen leckere Thunfisch-Rolle mit Oliven in süßem Teig, Cannelloni im Hauptgang und zum Abschluss einen seeeer süßen Karamell-Nachtisch — da freuen sich die Hüften wink

Gute Nacht!