Patagonien

Von Villa Cerro Castillo nach Puerto Rio Tranquilo

Es hat fast die ganze Nacht über geregnet und auch frühmorgens werden wir schließlich vom Regen geweckt, der draußen auf’s Dach trommelt. Ohje, das kommt uns doch irgendwie bekannt vor…

Wir checken die Wetter-App, die leider für heute und morgen nicht wirklich berauschende Aussichten beschert. Erst am Mittwoch, wenn wir nach Argentinien fahren, soll es wieder deutlich besser werden.

Also bleiben wir einfach erstmal faul im Bett liegen. Von diesem aus könnten wir eigentlich direkt die tolle Sicht auf den Cerro Castillo genießen, wenn es denn eine Sicht durch den grauen Schleier hindurch geben würde. So aber betreiben wir einfach noch ein bisschen Augenpflege und Andreas verzichtet angesichts des Wetters sogar auf seine Laufrunde…

Mir tut es nur um die Kajak-Tour zu den Marmorhöhlen leid, die wir für den Nachmittag gebucht haben.

Da wir heute auch unseren Reifen flicken lassen müssen und der Vulkanisierer wohl erst gegen 10:00 Uhr öffnen soll, lassen wir es also total entspannt angehen und bleiben bis 8:00 Uhr im Bett liegen.

In der Zwischenzeit hört der Regen irgendwann auf, aber das Wetter bleibt wechselhaft und wir wissen noch nicht so recht, was wir davon halten sollen: Regenbogen, ansatzweise Sonne und Neuschnee oben auf dem Berg, wo wir gestern noch gelaufen sind.

Ein paar Bilder vom frühen Morgen von unserem Balkon aus:

Das Frühstück wurde vom Personal gestern Abend noch in den Kühlschrank gestellt, so dass wir in unserem Zimmer essen können und nicht in’s Haupthaus gehen müssen. Es fällt allerdings eher in die Kategorie „Naja…“ Wir haben zwei Scheiben Toast pro Person, dazu zwei halbe Scheiben Käse. Instant Kaffee ohne Milch, O-Saft und eine Butterportion in Puppenstubengröße. Zum Glück hatten wir in Coyhaique eingekauft und können das Frühstück aus unseren eigenen Vorräten noch entsprechend ergänzen.

Wir lassen uns viel Zeit und brechen gegen 9:45 Uhr auf.


Der Vulkanisierer ist bereits bei der Arbeit und wir müssen kurz warten, bis er das Paar vor uns mit seinen beiden kaputten Reifen abgefertigt hat. Dann geht es aber total fix und es ist spannend zuzuschauen. Nach nur 15 Minuten ist unser Reifen wieder einsatzbereit und der Spaß kostet gerade mal 8.000 CLP.

Gegen 10:15 Uhr können wir uns also wieder gut bereift auf den Weg nach Puerto Rio Tranquilo machen.


Das Wetter bleibt unterwegs genauso wechselhaft, wie es sich bereits heute früh präsentiert hat. Und der Straßenzustand ist ähnlich katastrophal wie vorgestern — irgendwie haben wir ein déjà-vu…

Aufgrund vieler Straßenbau- und Sprengarbeiten kommen wir auch nur sehr langsam voran. Wir brauchen für die 120 Kilometer geschlagene drei Stunden.

Heute stellt Petrus allerdings den Wasserhahn unterwegs ab und an für kurze Zeit ab und lässt unsere Hoffnungen auf die Kajaktour wieder aufkeimen, nur um sie Minuten später wieder mit neuen Ergüssen zu zerstören.

Und in diesen Pausen, wenn dann sogar die Sonne kurz heraus kommt, sieht es richtig toll aus.

Insbesondere am Lago General Carrera, wo das fantastische Blau des Sees mit Sonne erst so richtig zur Geltung kommt:


In Puerto Rio Tranquilo angekommen, schauen wir direkt beim Kajak Anbieter El Puesto Expediciones vorbei, um die Möglichkeiten abzuklären, die wir haben. Aber es ist keiner da — sie machen wohl gerade Mittagspause.

Also checken wir erst einmal in unserer Unterkunft Cabañas Don Hugo ein und beziehen unser Zimmer.

Die Selbstversorger-Hütten sind einfach und zweckmäßig, ohne großen Schnick-Schnack, aber tadellos sauber und ausreichend groß. Es gibt sogar Wifi im Zimmer, wenn auch nur sehr schwach.

Nachdem wir den nächsten heftigen Regenschauer in unserer trockenen und warmen Cabaña abwartet haben, gehen wir noch einmal zum Kajak Anbieter.

Der ist mittlerweile aus der Mittagspause zurück und wir können uns darauf einigen, dass wir die Tour tauschen und erst morgen früh zu den Mamorhöhlen paddeln. Heute ist das Wetter einfach zu unberechenbar, aber morgen soll es laut Wettervorhersage deutlich trockener, weniger windig und sogar ein bisschen sonnig sein.


Wir bummeln noch etwas durch den Ort, holen uns für den kleinen Hunger zwei Crêpes und kommen dabei mit einer chilenischen Familie ins Gespräch.

Sie erzählen, dass sie vor ein paar Tagen von Santa Lucia aus nach Futaleufú wollten, aber die Straße komplett gesperrt war wegen eines Erdrutsches.

Zuerst denken wir, dass wir das wegen meines mangelhaften Spanisch irgendwie falsch verstanden haben und sie den Erdrutsch von vor zwei Jahren meinen — immerhin sind wir ja genau diese Strecke vor ein paar Tagen zweimal gefahren.

Aber es stellt sich heraus, dass sich am letzten Donnerstag ein neues Unglück ereignet hat, nur zwei Stunden nachdem wir dort gewesen sind. Wären wir nur ein klein wenig später gekommen, wären wir quasi eingesperrt gewesen, denn es gibt nur diese einzige Straße, die aus Richtung Futaleufú zur Carretera Austral zurückführt. Da haben wir echt ein Riesen-Glück gehabt thumbsup

Wir besorgen uns im örtlichen Mercado noch etwas zum Frühstück für morgen, schauen uns die nette kleine Kirche im Ort an und flüchten dann erstmal wieder vor dem nächsten Regenschauer in unsere Cabaña.

Als wir wieder aufgewärmt sind und die Sonne für heute endgültig die Oberhand gewonnen hat, gehen wir noch eine Runde am Ufer entlang spazieren. Über dem Lago General Carrera hat sich in der Zwischenzeit ein toller Regenbogen gebildet und das Wetter wird von Minute zu Minute freundlicher.

Wir sind vom Blau dieses Sees absolut fasziniert und freuen uns schon total auf Morgen, wenn wir unsere Kajaktour nachholen. Hoffentlich hält das Wetter jetzt an!


Zum Abendessen gibt es hier in Puerto Rio Tranquilo nicht wirklich viele Möglichkeiten. Am besten erscheint uns noch das Las Parvas, in dem wir dann schließlich auch landen. Andreas nimmt Lamm, ich einen Fischeintopf und beides ist recht lecker.

Dazu gibt es ein Bierchen und einen Pisco Sour als Schlummertrunk, mit dem wir dann zurück in unserer Hütte auch bald in’s Reich der Träume entschwinden.