Namibia

Fish River Canyon

Der Wecker klingelt um 5:45 Uhr und dabei ist es doch noch so schön warm im Bett… Aber es hilft alles nichts: Aufstehen ist angesagt, denn das Abenteuer Fish River Canyon wartet auf uns.

Wir räumen unser Zimmer leer und sämtliches Gepäck in’s Auto, bis auf die Tasche, die mit ins Camp kommt. Dann gehen wir zum Frühstück.

Es gibt ein kaltes Buffet mit sehr guter Auswahl und eine Karte für warme Speisen auf Bestellung.

Wir nehmen einmal Full House und einmal Omelett mit Lachs und stärken uns ordentlich für den anstehenden Marsch. Dann geben wir unsere Tasche für das Camp ab und bekommen von Daniel unsere Lunchpakete und das Wasser für die heutige Wanderung — 2.5 Liter gibt es pro Person.


Gegen 7:30 Uhr treffen sich alle Gäste vor der Lodge, wo zwei offene Landrover bereitstehen:

Einer für die gemütlicheren Touristen, die sich auf einer Ganztages-Fahrt entlang des Rims ein paar schöne Ausblicke in den Canyon holen und einer für die Wanderer — wobei das zweite Auto nicht halb so voll besetzt ist wie das erste wink

Mit uns fahren nur noch drei Französinnen, die auf einer Halbtages-Tour ein Stück in den Canyon hinunter und wieder herausklettern.

Zu unserer 3-Tages-Tour ist wie erwartet niemand mehr dazu gestoßen.

Wir fahren etwa 15 Minuten bis zum Einstieg in den Canyon.

Dort lassen wir den drei Mädels mit ihrem Guide ein bisschen Vorsprung und Daniel versichert sich ein letztes Mal, dass wir auch wirklich fit genug sind — offenbar hat er es wohl schon öfters erlebt, dass sich Gäste spontan umentschieden haben, sobald sie den Einstieg in den Canyon erst einmal zu Gesicht bekommen haben.

Dieser ist am Anfang recht steil und man muss sich an ein paar Seilen entlang hangeln. Das mag vielleicht spektakulär aussehen, ist aber für uns kein Problem: so etwas machen wir nicht zum ersten Mal.

Gegen 8:00 Uhr beginnen wir mit dem Abstieg. Auf dem ersten Stück liegt recht viel loses Geröll, aber hier geben die Seile ausreichend Sicherheit, so dass es wirklich völlig unproblematisch ist. Und nach einer Viertelstunde ist das steilste Stück auch schon geschafft.

Es folgen ein paar hundert gemütliche Meter zum Luft holen, auf denen wir Daniels Erklärungen zu Fauna und Flora lauschen.

Dann geht es auf die zweite Hälfte der „Jelly-Leg“-Passage (der Name kommt wohl daher, dass hier der ein oder andere Gummibeine bekommt wink).

Diese ist zwar auch nicht wirklich schwierig, da es über große griffige Steine und Felsen geht, an denen man gut Halt findet — aber man braucht schon Trittsicherheit und halbwegs gesunde Knie, um die 400 Höhenmeter über teilweise recht hohe Stufen zu überwinden.

Unterwegs sehen wir zwei Adler, die sich am frühen Morgen auf die Jagd nach Rock Dassies machen.

Nach zwei Stunden stetigem Bergab machen wir eine kurze Pause und mir graut es schon ein bisschen davor, dieses Stück am letzten Tag wieder hinauf klettern zu müssen.

Als Daniel uns dann in der Pause noch die weitere Tour genauer erklärt — insbesondere, dass wir am dritten Tag etwa 20 Kilometer zu laufen haben — kommen erste Zweifel bei mir auf, ob das für uns in der zur Verfügung stehenden Zeit überhaupt machbar ist.

In der Tour-Beschreibung auf der Webseite der Lodge steht nämlich, dass man am letzten Tag entweder laufen oder alternativ mit dem Auto wieder nach oben fahren kann und dass man bei beiden Varianten gegen 12:00 Uhr wieder in der Lodge zurück ist.

Mit diesen Zeiten hatte ich geplant, so dass für den letzten Wandertag im Anschluss noch eine Fahrt nach Keetmanshoop zu unserer nächsten Übernachtung auf dem Programm steht.

So wie sich das im Moment darstellt, ist das aber zumindest für mich nicht annähernd bis mittags zu schaffen, wenn wir die Hiking-Variante wählen. Daniel erklärt uns, dass das zweite Camp im letzten Jahr wegen diverser Ausspülungen verlegt wurde, so dass der Rückmarsch jetzt deutlich länger dauert. Leider wurde aber offenbar vergessen, die Trail-Beschreibung auf der Webseite entsprechend anzupassen.

Nunja — wir haben noch zwei Nächte, um darüber zu schlafen, wie wir das am Ende lösen werden…


Weiter geht es nun auf dem zweiten Canyon-Level und wir bekommen das erste Wasser des Fish Rivers zu sehen — auch wenn es noch nicht so viel ist, dass der Name „River“ gerechtfertigt erscheint.

Es muss hier im Canyon eine große Vielfalt an Tieren geben — wir entdecken Fußspuren und Droppings von Leoparden, Zebras, afrikanischen Wildkatzen, Pavianen, einem Leguan und sogar von einem Nashorn. Allerdings sind die Verursacher weit und breit nicht zu sehen.

Die besten Chancen, Tiere zu entdecken, wäre sicher am Wasser — aber davon gibt es halt im Moment leider nicht wirklich viel. Daniel meint, in normalen Jahren würde hier immer Wasser fließen, daran wäre aber jetzt bei der anhaltenden Dürre nicht zu denken. Große Teile des Flussbettes sind total trocken.

Selbst am sogenannten „Fountain“ gibt es kaum Wasser und anstatt der erhofften Zebras finden wir nur noch das vor, was ein Leopard von einem von ihnen übrig gelassen hat.

Aber nichtsdestotrotz gefällt es uns hier unten im Canyon ausnehmend gut:

Später entdecken wir zumindest ein hübsches Pärchen Rock Agamas und einen Graureiher, der majestätisch über uns hinwegschwebt.


Gegen 12:00 Uhr machen wir eine halbe Stunde Mittagspause. In unseren reichlich gefüllten Lunch-Paketen finden wir Sandwiches, Bratwürste, Eier, Obst, Chips und Nüsse — soviel, dass wir es gar nicht aufessen können.

Wir plaudern mit Daniel und erfahren ziemlich viel von ihm über das Leben und die Arbeit eines Guides auf einer Lodge hier in Namibia.

Dann brechen wir auf zum nächsten Teilstück. Ziel ist eine besonders enge Stelle im Flussbett, wo auch bei der aktuellen Trockenheit das Wasser noch so tief steht, dass man eine Runde schwimmen kann.

Wir erreichen den „Pool“ gegen 14:00 Uhr. Eine echt schöne Stelle und als Daniel glaubhaft versichert, dass es hier nur vegetarische Krokodile gibt, lässt Andreas die Hüllen fallen und begibt sich in‘s erfrischende Nass. Über gefährliche Strömungen muss er sich hier ja schließlich auch keine Gedanken machen wink

Daniel und ich dagegen kühlen uns nur ein wenig unsere Füße.

Nach 20 Minuten nehmen wir dann das letzte Stück bis zum heutigen Camp in Angriff. Unterwegs sehen wir jetzt immer mal wieder Wasser, aber unser Eindruck vom Fish River verfestigt sich:

Man kann ihn aktuell hier im Canyon nicht wirklich als River bezeichnen. Durch die lang andauernde Trockenheit in den letzten Jahren ist er vielmehr nur noch eine Aneinanderreihung von Pfützen und ein Rafting-Veranstalter hätte hier wahrscheinlich einen echt schweren Stand wink

So ist es auch überhaupt kein Problem, dass unser Camp, welches wir schließlich gegen 15:30 Uhr erreichen, quasi mitten im Fluss steht.

Die Zelte sind schon aufgebaut — wir haben eins zum schlafen mit zwei Feldbetten und unserem Gepäck darin, außerdem ein Toiletten-Zelt und ein Dusch-Zelt.

Drei fleißige Helfer haben hier alles für uns eingerichtet: Chefkoch Sophia mit den beiden Assistenten Armando und Dimitri.

Ein Tisch mit Kaffee, Keksen und Snacks steht für uns bereit, aber irgendwie muss sich da jemand bei der Gruppengröße verzählt haben, denn für uns beide würde das eine ganze Woche reichen…

Wir haben keine Chance das auch nur annähernd aufzuessen, zumal ja auch noch ein dreigängiges Dinner auf uns wartet. Deshalb bitten wir Daniel und die Helfer dazu, aber nur Daniel kommt und meint, die anderen „wären schon okay“ — wir bekommen den Eindruck, dass es unter den Angestellten eine gewisse Rangordnung gibt…


Wir chillen eine Weile und Andreas bringt das Support-Team etwas in’s Schwitzen, als er sich ein Bier nach dem anderen aus der Kühltasche holt und versucht den Biervorrat leerzutrinken beer

Dann genehmigen wir uns eine gemeinsame Eimerdusche — darin sind wir ja mittlerweile geübt — und machen es uns anschließend am Lagerfeuer gemütlich. Wir wärmen uns die Füße und beobachten, wie ein Stern nach dem anderen am Firmament auftaucht.

Derweil bereiten vier Helfer für uns zwei Touri’s das Abendessen zu. Schon ein bisschen dekadent…

Um 18:30 Uhr gibt es Dinner. Der Tisch ist nur für uns zwei eingedeckt, aber wir bitten Daniel dazu, mit uns zu essen. Es gibt einen Salat mit Räucherlachs, Hühnchen mit Kartoffeln, Karotten, Blumenkohl und Champignonsauce und als Nachtisch eine Rotweinbirne mit Sahne.

Nach dem Essen sitzen wir dann alle zusammen am Lagerfeuer und diesmal gesellen sich auch Sophia und Armando dazu. Wir plaudern über Gott und die Welt, über das Leben in Deutschland und in Namibia und die Zeit verfliegt im Nu.

Um 21:00 Uhr fängt dann der Erste an zu gähnen, was ziemlich schnell die Runde macht. Wir sagen Gute Nacht und schlüpfen in unser Zelt — mal schauen wie kalt es heute Nacht noch so wird…