Städtereise Lissabon

Belem

Nach einer recht unruhigen und lauten Nacht sind wir bereits um 7:00 Uhr munter. Andreas dreht noch eben seine Jogging-Runde, während ich mir anschaue, was wir heute so unternehmen wollen.

In Frühstücksraum erwartet uns dann ein reichhaltiges Büffet mit vielen leckeren Kuchen und süßen Teilchen, Müsli, Obst und allem was das Herz begehrt, sodass wir uns für den heutigen Fußmarsch gut stärken können.

Wir haben uns heute für den Stadtteil Belem entschieden, den wir schon ein bisschen von unserem kurzen Zwischenstopp vor drei Jahren kennen. Den Hinweg legen wir mit dem Bus zurück — das spart doch eine Menge Zeit — und steigen um kurz vor 10:00 Uhr nach 20-minütiger Fahrt am Jerónimo Kloster aus.

Hier herrscht schon mächtiges Gedränge und die Schlange am Eingang scheint schier endlos. Da die Anlage noch geschlossen ist, schauen wir nur kurz von außen und hoffen auf etwas weniger Andrang zu einer späteren Zeit.


Stattdessen schlendern wir einmal quer durch den Park bis zum Padrão dos Descobrimentos — dem Entdeckerdenkmal am Ufer des Tejo.

Es wurde 1960 zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer errichtet und ist den portugiesischen Seefahrern und Entdeckern aus dem 15. und 16. Jahrhundert gewidmet. Es zeigt eine Reihe von bedeutenden portugiesischen Seefahrern und historischen Persönlichkeiten.

Von einer Aussichtsplattform hat man einen tollen Blick über den Tejo und Belem und auf die vor dem Denkmal in den Boden eingelassene Windrose, in deren Mitte man auf einer Weltkarte den genauen Verlauf der portugiesischen Entdeckungen nachvollziehen kann.


Von hier aus gehen wir weiter am Flussufer entlang in Richtung des Torre de Belem — eines der bekanntesten Wahrzeichen Lissabons.

Auch wenn wir den Wachturm schon aus dem Jahre 2014 kennen, wollen wir uns das manuelinische Prunkstück doch gerne noch einmal anschauen.

Als wir näher kommen, wundern wir uns zunächst über die fehlende Schlange am Eingang, was angesichts der Menschenmassen auf der anderen Parkseite völlig untypisch erscheint.

Die Auflösung kommt allerdings prompt:

Das haben wir ja auch noch nicht erlebt, dass an den Osterfeiertagen — wo es von Touristen nur so wimmelt — eine der Top-Sehenswürdigkeiten geschlossen werden muss, weil die Angestellten streiken eek

Nun gut, dann begnügen wir uns eben mit dem Anblick von außen und trösten uns damit, dass wir das Innere ja schon einmal ausgiebig besichtigt haben.

Außerdem bekommen wir als Entschädigung für die verpasste Besichtigung eine Gratis-Darbietung von einer lustigen Musikantentruppe, die vor dem Bollwerk Stellung bezogen hat und für Stimmung sorgt.


Gleich neben dem Torre de Belem kommen wir am auffälligen Kriegerdenkmal vorbei — gewidmet den Soldaten der portugiesischen Armeen, die während des Überseekrieges von 1961 bis 1974 starben. Die zentrale Flamme brennt permanent und in die drei umgebenden Mauern ist der Name jedes einzelnen Soldaten eingraviert, der in dem langwierigen Kolonialkrieg um’s Leben gekommen ist.


Wir schlendern noch ein kurzes Stück weiter in westlicher Richtung am Tejo entlang und kommen an einem architektonisch interessanten Komplex vorbei — dem Champalimaud Centre for the Unknown. Hierbei handelt es sich um eine hochmoderne biomedizinische Forschungseinrichtung, die von der privaten Champalimaud-Stiftung finanziert wird.


Nach einer kurzen Pause mit einem Bierchen für Andreas und einem Milchshake für mich wollen wir unser Glück am Jerónimo Kloster noch einmal probieren in der Hoffnung, dass sich der Andrang von heute Morgen etwas aufgelöst hat. Aber weit gefehlt — nach wie vor windet sich die mehrreihige Warteschlange um den ganzen Häuserblock herum.

Da wir heute aber so gar keine Lust haben, in irgendeiner Schlange anzustehen, verzichten wir schweren Herzens auf die Klosteranlage und schauen uns nur die Kirche an.


Anschließend machen wir noch einen ausgedehnten Rundgang durch den Jardim Botanico Tropical — ein fast sieben Hektar großer botanischer Garten mit knochigen Exoten, Palmenalleen und über 600 verschiedenen tropischen und subtropischen Pflanzen aus aller Welt.


Was in Belem natürlich nicht fehlen darf, ist ein Abstecher in die Confeitaria Pastéis de Belém — die Wiege der Vanilletörtchen. Seit 1837 werden hier im Mekka des Gebäcks die berühmtesten Törtchen Lissabons gebacken, bis zu unglaublichen 15.000 täglich.

Die Puddingteilchen haben ihren Ursprung in der Klosterküche — was die süßen Sünden betraf, waren die Mönche aus dem Hieronymuskloster offenbar Experten wink Da die Nonnen zum Stärken ihrer Hauben Unmengen an Eiweiß brauchten, hatte die Klosterküche ebensolche Unmengen an Eigelben auf Vorrat, was zur Geburt der leckeren Blätterteig-Teilchen führte.

Pastéis gibt es in Lissabon zwar an jeder Ecke, aber wohl nirgendwo schmecken sie besser als in der Konditorei von Belém. Das streng gehütete Hausrezept ist nur den vier Chefkonditoren bekannt, denen als Vorsichtsmaßnahme gemeinsame Reisen untersagt sind.

Auch hier geht es natürlich nicht ganz ohne Schlange ab, aber die Abwicklung im Verkaufsraum ist perfekt organisiert und schon bald halten wir einen „Six-Pack“ in den Händen, den wir im benachbarten Park genüsslich verspeisen und uns dabei die Sonne in’s Gesicht scheinen lassen.


Die Kalorienbömbchen müssen nun natürlich wieder abgearbeitet werden und so machen wir uns zu Fuß auf den Rückweg zum Zentrum. Ein kombinierter Rad- und Fußgängerweg führt unmittelbar am Tejo-Ufer entlang — vorbei an vielen netten kleinen Restaurants und Cafés.

Der Weg führt auch direkt unter der Brücke des 25. April hindurch — der „Golden Gate Bridge“ von Lissabon wink. Schon beeindruckend, wie da 70 Meter über uns der Verkehr entlang donnert — zumal das wegen des fehlenden Asphalts mächtigen Krach verursacht.

Die Tejobrücke erfüllte 1966 nach vierjähriger Bauzeit den alten Lissabonner Traum von einer direkten Verbindung in den Süden. Geschaffen hat die damals längste Hängebrücke Europas die U.S.Steel Company — deshalb auch die unübersehbare Ähnlichkeit zu San Francisco.


Nach einer kurzen Verschnauf- und Erfrischungspause im Ar de Mar nehmen wir das letzte Stück in Angriff und laufen zurück bis zum Cais Sodré, wo wir in den gleichen Liegestühlen wie gestern ein freies Plätzchen finden.

Wir bleiben eine ganze Weile hier sitzen, lassen Fünfe gerade sein und genießen bei einem Bierchen und Blick auf’s Wasser die langsam schwindende Sonne, bis sich schließlich der Hunger meldet. Wir beschließen, langsam in Richtung B&B zu laufen und unterwegs einen Blick in die im Vorfeld recherchierten Restaurants zu werfen.

Gleich das erste befinden wir für gut und bleiben somit im Xapuri hängen.

Eine weise Entscheidung — das Ambiente ist toll und das Essen extrem lecker.

Es ist zwar nicht besonders günstig, aber unbedingt eine Empfehlung wert — das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt auf jeden Fall.

Wir teilen uns vier kleine Gänge und haben am Schluss gerade noch Platz für einen köstliches Dessert.

Satt und zufrieden machen wir uns auf den Heimweg und freuen uns auf den nächsten Tag voller Entdeckungen.