Altiplano

Besteigung des Uturuncu

Heute ist er nun endlich da, der große Tag, an dem wir unseren ersten 6000er erklimmen wollen: den Uturuncu.

Nach einer eher unruhigen Nacht – die Gespräche im Esszimmer nebenan haben bis spät in die Nacht gedauert und uns wach gehalten – sitzen wir um fünf Uhr morgens am Frühstückstisch. Es ist komplett finster, da um diese Uhrzeit kein Strom verfügbar ist, aber zum Glück haben wir unsere Kopflampen dabei, die uns die Orientierung ein bisschen erleichtern.

Ein heißer Coca-Tee hilft uns, wach zu werden und die Nervosität ein wenig zu dämpfen.

Wilfredo, unser Bergführer, hatte uns am Vorabend ausdrücklich empfohlen, auf Milchprodukte und Eier zu verzichten, um die Höhenkrankheit nicht zu fördern. Umso überraschter sind wir, als Käse, Joghurt und Dulce de Leche auf dem Tisch stehen. Wir bleiben jedoch bei seiner Empfehlung und essen nur Brot mit Marmelade.

Pünktlich um 5:30 Uhr brechen wir auf. Mit dem Auto fahren wir bis auf etwa 5500 Meter – eine unglaubliche Ausgangshöhe, die den bevorstehenden Aufstieg nicht weniger herausfordernd macht.

Am Parkplatz angekommen, genießen wir die spektakuläre Morgenstimmung und machen ein paar Startfotos. Der Himmel ist strahlend blau, das Wetter könnte nicht besser sein. Emilio und Jhonny sind ebenfalls dabei und werden mit uns gemeinsam den Vulkan besteigen.

Um 7:00 Uhr starten wir unsere Wanderung. Wilfredo geht voraus, führt uns mit einem extrem langsamen, aber gleichmäßigen Tempo und achtet darauf, dass wir uns gut an die Höhe anpassen. Seine Erfahrung ist unverkennbar. Er motiviert uns mit ruhigen, aufmunternden Worten und hat immer ein Auge auf unsere Verfassung.

Als die Höhenluft mir zunehmend doch ein bisschen zu schaffen macht, schmiert er mir eine geheimnisvolle Salbe auf die Stirn und unter Nase und Ohren, wovon es mir direkt wieder besser geht.

Die Landschaft um uns herum ist atemberaubend: zerklüftete Felsen, leuchtende Farben und eine unendliche Weite.

Unterwegs begegnen wir auch ein paar wenigen anderen Gruppen, die den Vulkan ebenfalls bezwingen wollen – ein kurzes Austauschen von Ermutigungen und ein Lächeln genügen oft, um die eigene Motivation zu stärken.

Wir legen zwei längere Pausen ein: Die erste am Sattel, von wo aus wir einen fantastischen Blick auf die umliegende Vulkanlandschaft haben.

Die zweite etwa eine halbe Stunde vor dem Gipfel, wo Wilfredo uns nochmals ermuntert und letzte Tipps für den Endspurt gibt.

Nach vier Stunden erreichen wir schließlich den Gipfel. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl, auf über 6000 Metern zu stehen — ein sehr erhabener Moment. Wir sind erschöpft, aber glücklich, und fallen uns gegenseitig in die Arme. Bei mir fließen sogar ein paar Tränen vor Glück und Stolz.

Ein paar Gipfelfotos sind natürlich Pflicht und Andreas darf endlich sein Gipfelbier trinken, das er extra hier hochgeschleppt hat 😉

Wir verweilen ein bisschen und genießen den Moment, aber dann starten wir doch recht bald den Abstieg — die Luft ist schon verdammt dünn hier oben…

Der Rückweg verläuft deutlich schneller. Innerhalb von einer Stunde stehen wir wieder am Auto und fahren zurück nach Quetena Chico zu unserem Hotel.

Hier verabschieden wir uns von Wilfredo, der uns sicher und mit viel Geduld durch diesen Tag begleitet hat. Als Dank geben wir ihm ein großzügiges Trinkgeld und Andreas’ alte Wanderstöcke, die er uns eigentlich abkaufen wollte. Seine Unterstützung und seine motivierenden Worte haben diesen Tag zu etwas ganz Besonderem gemacht.


Nach einer wohlverdienten Dusche und einem schnellen Mittagessen machen wir uns gegen 14:30 Uhr auf den Weg zur neuen Unterkunft in Villa Mar. Unterwegs gibt es keinen größeren Stopps mehr. Nur einmal halten wir ganz kurz für ein Foto vom „Lama-Himmel“ 😅

Unsere neue Unterkunft, das Hotel Jardines de Mallku Cueva, liegt recht idyllisch außerhalb des Ortes. Es fügt sich harmonisch in die umliegende Landschaft ein und bietet uns nach zwei Tagen endlich wieder WLAN – ein willkommenes Fenster zur Außenwelt. Unsere FlexiRoam-Tarife funktionieren nämlich in Bolivien leider nicht, was uns immer wieder vor kleinere Herausforderungen stellt.

Nach dem Staub und der Anstrengung des Tages verbringen wir den Nachmittag entspannt, gehen noch ein wenig spazieren und genießen die Ruhe.

Um 19:00 Uhr gehen wir zum Abendessen. Da Emilio und Jhonny in einer anderen Unterkunft übernachten, essen wir heute allein. Das Essen ist einfach, aber gut. Einzig die Tatsache, dass nur Bargeld in Dollar oder Bolivianos akzeptiert wird, bereitet uns kurz Kopfzerbrechen – wir müssen dringend noch Bolivianos wechseln.

Nach diesem langen und eindrucksvollen Tag fallen wir früh ins Bett. Der Blick auf den Uturuncu begleitet uns in den Schlaf und erinnert uns daran, was wir heute geschafft haben. Unser erster 6000er – ein Erlebnis, das wir wohl nie vergessen werden.