Altiplano
Laguna Blanca, Laguna Verde, Laguna Chalviri
Heute beginnt unser Abenteuer in Bolivien. Der Wecker klingelt um 6:00 Uhr und wie am Vorabend mit dem Hotel besprochen, dürfen wir schon um 7:00 Uhr frühstücken. Wir genießen ein letztes Mal das tolle Frühstück im Casa Solcor und stehen um Punkt 8:00 Uhr startbereit mit unserem Bolivien-Gepäck vor der Tür.
Unsere Fahrerin Daniela holt uns pünktlich ab und bringt uns sicher und zügig bis zur bolivianischen Grenze. Hier sollen wir um 9:00 Uhr von unserem bolivianischen Fahrer Emilio abgeholt werden. Allerdings ist uns nicht ganz klar, ob die Verabredung nach chilenischer oder bolivianischer Zeit gilt, denn an der Grenze müssen wir unsere Uhren eine Stunde zurückstellen.
Als Emilio schließlich gegen 9:30 Uhr chilenischer Zeit mit unserem Guide Jhonny eintrifft, sind wir unsicher, ob er eine halbe Stunde zu spät oder zu früh ist. Egal – die Übergabe klappt und wir können los.
Die Einreiseformalitäten ziehen sich aufgrund der langen Schlange an der Grenzstation etwas in die Länge, aber nach einer Dreiviertelstunde ist dann alles erledigt: Einwanderung, Zoll und der Eintritt in den Nationalpark. Jetzt kann die Reise endlich richtig beginnen.
Unser erster Stopp ist die Laguna Blanca, die ihrem Namen alle Ehre macht. Das Wasser schimmert in einem zarten, milchigen Weißton, der durch die hohen Konzentrationen an Mineralien entsteht.
Die umliegenden Vulkane spiegeln sich in der glatten Wasseroberfläche und zahlreiche Flamingos verleihen der Szenerie eine märchenhafte Anmutung. Es ist schwer, sich an diesem Anblick sattzusehen und wir verbringen einige Zeit damit, die stille Schönheit dieses Ortes auf uns wirken zu lassen.
Direkt neben der Laguna Blanca liegt die Laguna Verde, deren Name hohe Erwartungen bei uns weckt. Doch als wir direkt davor stehen, wirkt das Wasser überraschend unscheinbar und zeigt nur einen sehr dezenten Türkiston. Das intensive Grün, was wir im Vorfeld auf Fotos gesehen haben, ist leider nicht zu erkennen.
Am Rand der Lagune fällt uns dafür eine auffällige weiße Kruste auf, die von der hohen Konzentration an giftigen Mineralien wie Arsen und Borax stammt.
Diese chemische Zusammensetzung macht die Lagune zu einer lebensfeindlichen Umgebung, weshalb es hier weder Flamingos noch andere Tiere gibt – ein starker Kontrast zur benachbarten Laguna Blanca.
Interessanterweise verändert sich der Eindruck der Lagune später, je weiter wir uns von ihr entfernen:
Von weitem ist der Name Programm und das Wasser leuchtet in einem intensiven Grün. Ein faszinierender Effekt, der durch die chemischen Eigenschaften des Wassers und das Lichtspiel entsteht.
Auf jeden Fall hat die Laguna Verde eine ganz besondere Ausstrahlung.
Im Hintergrund der Laguna Verde thront übrigens der majestätische Vulkan Licancabur, der über die Landschaft zu wachen scheint. Jhonny erzählt uns eine alte Legende von den beiden „Brüder-Vulkanen“ Licancabur und Juriques, die in ewiger Stille verharren, seit sie beide um denselben weiblichen Vulkan rivalisierten.
Weiter geht es mit sehr rasanter Fahrt – Emilio weiß hoffentlich was er tut 😉.
Unterwegs passieren wir eine beeindruckende Kulisse von farbenprächtigen Bergen und Vulkanen, deren Gestein in Rot-, Orange- und Ockertönen leuchtet. Die intensiven Farben entstehen durch die mineralreiche Zusammensetzung der Landschaft und es fühlt sich an, als würde man durch ein lebendig gewordenes Gemälde reisen.
Unser nächster Stopp führt uns nach Polques an die Laguna Chalviri, wo es natürliche heiße Quellen gibt. Hier kann man in warmem, blubberndem Wasser baden – eine willkommene Pause in dieser kargen und rauen Landschaft.
Wir sind jedoch nicht gut vorbereitet: Eine Badehose haben wir nicht griffbereit. Andreas löst das Problem pragmatisch und springt kurzerhand in seiner kurzen Hose ins Wasser. Gemeinsam mit Jhonny genießt er das wohltuende Bad, während ich das Ganze lieber von außen beobachte. Wasser ist einfach nicht so meins.
Stattdessen bewundere ich die Flamingos und Vicuñas, die auch hier wieder anzutreffen sind. Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich Flamingos liebe? 🥰
Jhonny erzählt uns, dass diese faszinierenden Tiere – ebenso wie die eleganten Vicuñas – unter strengem Naturschutz stehen. Vicuñas dürfen weder gejagt noch ihre Wolle genutzt werden.
Nach dem Bad wartet ein köstliches Mittagessen auf uns.
Die Köchin serviert mit einem todernsten Gesicht und einem Hauch von Humor:
„Zur Vorspeise gibt es Flamingo-Suppe und als Hauptgang Steak vom Vicuña.“
Wir lachen und lassen uns das Essen schmecken – natürlich ohne Flamingos oder Vicuñas auf dem Teller 😅
An der Laguna Kollpa sehen wir später zum ersten Mal den mächtigen Vulkan Uturuncu, den wir am nächsten Tag besteigen wollen. Sein Gipfel ist schneefrei, was uns schon einmal erleichtert, und je näher wir ihm kommen, desto beeindruckender wirkt er auf uns. Die Vorfreude auf die bevorstehende Wanderung steigt spürbar.
Die benachbarte Laguna Hedionda ist dann wieder etwas ganz Besonderes für mich, denn hier gibt es Flamingos – und das in großer Zahl und aus nächster Nähe! Ich könnte stundenlang zuschauen, wie sie elegant durch das flache Wasser schreiten
Auf der weiteren Fahrt kommen wir immer wieder in den Blick des Uturuncu – und von etwas, das wir scherzhaft sein „Baby“ nennen: einen kleinen Vorberg, der dem großen Vulkan vorgelagert ist. Jhonny, unser Guide, tauft ihn augenzwinkernd Uturuncucito. Ob dieser Vorberg tatsächlich einen besonderen Namen hat, wissen wir nicht, aber der Gedanke an den „kleinen Uturuncu“ sorgt bei uns für so manchen Lacher 😉
Unser nächster Halt sind die Bofedales del Río Pata — geschützte Feuchtgebiete, die eine wichtige Rolle im Ökosystem der Region spielen. Sie dienen als Wasserspeicher und bieten Lebensraum für verschiedene Tier- und Pflanzenarten.
Hier unternehmen wir einen kurzen Spaziergang, um die Gegend besser zu erkunden. Das satte Grün der Vegetation bildet einen wunderschönen Kontrast zur kargen Umgebung und wir genießen die frische Luft und die Stille. Besonders beeindruckend ist erneut die Aussicht auf den Uturuncu, der mit jedem Kilometer näher und imposanter wirkt.
Bevor die Reise weitergeht, überrascht uns Emilio noch mit einer traditionellen Zeremonie, bei der er mit einer Handvoll Cocablättern Pachamama — die in Bolivien stark verehrte Mutter Erde — um Schutz und Erfolg für unsere gemeinsame Tour bittet. Solche Rituale sind tief in der andinen Kultur verwurzelt und zeigen den Respekt der Menschen vor der Natur und ihren Kräften.
Gegen 15:00 Uhr erreichen wir unser Ziel für heute: das kleine Dorf Quetena Chico, eingebettet in die beeindruckende Berglandschaft Boliviens.
Unsere Unterkunft, das Hostal Uturuncu, ist sehr einfach, aber sauber – genau das, was man in dieser abgelegenen Region erwarten würde. Die Stromversorgung erweist sich allerdings als Herausforderung: Es gibt Strom nur zwischen 18:00 und 23:00 Uhr. Das Laden unserer Geräte erfordert daher etwas Koordinierung, aber das bekommen wir hin.
Da bis zum Abendessen noch Zeit bleibt, machen wir eine kurze Runde durch den Ort. Viel gibt es hier nicht zu sehen, abgesehen von ein paar verstreuten Häusern — und natürlich einem Fußballplatz 😉
Dennoch eine gute Gelegenheit, uns noch ein bisschen die Beine zu vertreten.
Zurück in der Unterkunft erwartet uns eine kleine Überraschung: In der Küche steht ein Lama – genauer gesagt, ein Lama-Baby. Es ist gerade mal drei Monate alt und die Wirtsleute erzählen uns, dass seine Mutter bei der Geburt gestorben ist. Das Tier wird nun liebevoll von der Familie großgezogen und von der kleinen Tochter als Spielkamerad adoptiert. Wir dürfen sogar dabei helfen, das Lama mit der Flasche zu füttern, was ein herzerwärmender Moment ist.
Später am Abend stößt unser lokaler Bergführer Wilfredo kurz zu uns, um uns für den nächsten Tag zu instruieren. Etwas irritiert stellen wir fest, dass er allein ist, obwohl wir bei der deutschen Agentur ausdrücklich zwei Bergführer gebucht und bezahlt hatten. Das war so nicht abgesprochen.
Doch Wilfredo wirkt erfahren und zuversichtlich, dass alles gut gehen wird. Wir verabreden uns für den nächsten Morgen um 5:30 Uhr. Eine halbe Stunde vorher soll das Frühstück serviert werden – eine echte Herausforderung, da es zu dieser frühen Stunde keinen Strom und damit auch kein Licht geben wird.
Nach dem Abendessen versuchen wir, früh ins Bett zu gehen, um für den bevorstehenden Aufstieg gut ausgeruht zu sein. Doch das gestaltet sich schwieriger als gedacht: Aus dem benachbarten Essensraum dringt lauter Gesprächslärm, der uns das Einschlafen erschwert. Schließlich finden wir doch ein wenig Ruhe und hoffen auf einen erfolgreichen Tag am Uturuncu.