Altiplano
Laguna del Brealito
Der Tag beginnt früh, da wir beide schon vor dem Weckerklingeln munter sind. Wir nutzen die Gelegenheit, um das Zimmer in Ruhe zu räumen und das Auto zu beladen.
Beim Frühstück folgt dann eine kleine Enttäuschung, da Sergio heute keinen Dienst hat. Stattdessen kümmert sich Agustín um die Gäste. Er ist höflich und nett, aber deutlich zurückhaltender, weshalb der morgendliche Schwatz leider ausbleibt.
Das Frühstück selbst ist wie immer sehr lecker, aber uns fällt mal wieder auf, dass in Argentinien die Uhren etwas anders ticken. Alles geht mit einer Gelassenheit vonstatten, die uns manchmal schmunzeln lässt, aber auch Geduld erfordert.
Wir bezahlen unsere Rechnung, was hier erfreulicherweise in USD zu einem für uns recht günstigen Kurs möglich ist und brechen gegen 8:15 Uhr zur Weiterfahrt in Richtung Molinos auf.
Die Fahrt führt uns auf die legendäre Ruta 40, die in diesen Abschnitten weniger einer Nationalstraße gleicht als vielmehr einer abenteuerlichen Schotterpiste. Wir graveln uns durch Staubwolken, vorbei an einsamen Gehöften und rauen Landschaften.
Der Himmel ist wieder strahlend blau und wir hoffen, dass der Nebel des Vortages eine einmalige Ausnahme war.
Unterwegs nehmen wir noch eine Anhalterin mit, die auf dem Weg zur Arbeit ist. So können wir unser morgendliches Schwätzchen auf Spanisch doch noch nachholen: Wir erfahren u.A. dass die Frau Köchin in einer Schule ist — was es heute in der Schulküche zu essen gibt, verstehen wir allerdings nicht vollständig 😉
Nach einer 90-minütigen Fahrt erreichen wir das kleine Dorf Brealito und suchen uns ein Plätzchen zum Parken. Kaum haben wir unser Auto abgestellt, werden wir von einer freundlichen Dame angesprochen, die uns erklärt, dass wir für die Wanderung zur Lagune eine Art Touristenabgabe von 3.000 ARS zahlen müssten. Dafür bekommen wir ein paar Informationen zur Lagune und der Umgebung und wir fühlen unser vollbepacktes Auto hier gut aufgehoben.
Mit reichlich Wasser ausgestattet, machen wir uns kurz nach 10:00 Uhr auf den Weg.
Die Wanderung beginnt gleich mit einem ordentlichen Anstieg. Wir müssen hier und da über Felsen kraxeln und einmal sogar durch einen recht engen Felsspalt kriechen, was den Weg recht abenteuerlich macht.
Oben auf dem Bergsattel angekommen, bietet sich eine fantastische Sicht auf die Lagune – ein Ausblick, der die Mühe mehr als wert ist.
Und wo wir einmal hier sind, machen wir auch noch einen kurzen Abstecher zu den Felsmalereien, die hier oben zu finden sind. Wir sind zwar bekanntermaßen nicht die größten Fans von Petroglyphen, aber wenn es keinen großen Umweg bedeutet, kann man sich die Kritzeleien ja mal anschauen 😉
Dann geht es hinunter zur Lagune, wo sich ein idyllisches Bild bietet: Esel, Schafe, Gänse und verschiedene Vogelarten tummeln sich in der Nähe des Wassers und sogar ein paar Flamingos lassen sich blicken.
Allerdings ist die Lagune leider nicht wie erhofft zum Baden geeignet, da die Ränder von dichten Algenteppichen gesäumt sind. Trotzdem genießen wir die Atmosphäre und beobachten das rege Treiben der Tiere.
Das eigentliche Highlight beginnt, als wir uns auf den Rückweg machen. Plötzlich stürmt von hinten ein großes Tier mit hoher Geschwindigkeit auf uns zu. Zuerst denken wir es könnte ein Esel sein und sind ein wenig nervös.
Doch es stellt sich schnell heraus, dass es ein großer schwarzer Hund ist — freundlich mit dem Schwanz wedelnd und mit sehr viel Energie.
Wir ordnen ihn in dem Moment der weit entfernten Schafherde zu und meinen, es wäre ein Hirtenhund. Zunächst verschwindet er auch nach kurzer Zeit wieder, doch dann kommt er immer wieder und lässt sich einfach nicht von uns abschütteln.
Anstatt sich zurückzuziehen, als wir die Lagune wieder verlassen und den Berg hinaufklettern, läuft er die gesamten fünf Kilometer des Rückwegs an unserer Seite – oder besser gesagt: vor uns her.
Er scheint genau zu wissen, wo es langgeht, denn an den unübersichtlichen Stellen des nicht ausgeschilderten Weges führt er uns zielsicher. Er dreht sich immer wieder um, als wolle er prüfen, ob wir noch da sind, und wartet, falls wir zu langsam sind.
An manchen Stellen, wo wir trödeln, kommt er sogar zurück und schubst uns sanft von hinten an, als wolle er sagen: „Na los, beeilt euch!“ — keine Ahnung, was dieser Hund für einen Narren an uns gefressen hat.
Besonders beeindruckend, dass er uns sogar durch die schmale Felsspalte führt, durch die wir wie schon auf dem Weg nach oben kriechen mussten. Es wirkt fast so, als ob er unsere Spur vom Hinweg erschnüffelt.
Wir scherzen, dass er unsere persönliche Wanderführung übernommen hat und überlegen, was wir denn tun würden, wenn er uns bis zum Auto begleiten würde.
Doch etwa 200 Meter bevor wir den Parkplatz wieder erreichen, nimmt er uns diese Entscheidung ab und verschwindet plötzlich auf nimmer Wiedersehen. Einfach so, ohne Vorwarnung.
Wir sind überrascht und sogar ein klein wenig enttäuscht, denn er hat sich wie ein treuer Begleiter angefühlt. Vielleicht wollte er uns einfach den Abschiedsschmerz ersparen oder er hat sich gedacht „den restlichen Weg finden die zwei Deppen auch alleine“ 😉
Auf jeden Fall werden wir ihn bestimmt nicht so schnell vergessen – unseren geheimnisvollen Wegweiser auf vier Pfoten.
Gegen 14:00 Uhr fahren wir von Brealito wieder los und machen uns auf die Suche nach einem Laden mit kalten Getränken. Leider bleiben wir erfolglos: Zwar sehen wir unterwegs mehrfach Schilder, die „Kiosco“, „Bebidas“ und „Empanadas“ versprechen, doch entweder sind die Läden geschlossen oder die Schilder entpuppen sich als reine Dekoration. Ein bisschen frustriert geben wir auf und fahren weiter.
Auf dem Weg nehmen wir stattdessen einen älteren Anhalter mit. Er ist sichtlich erleichtert, nicht länger auf den Bus warten zu müssen, dessen Ankunftszeit sehr vage ist…
Eine reichliche Stunde später erreichen wir Molinos und checken in unserer neuen Unterkunft Hacienda de Molinos ein.
Hier gefällt es uns auf Anhieb: ein wunderschöner Innenhof mit schattigen Plätzen und einer ruhigen, entspannten Atmosphäre. Statt uns gleich mit den Koffern abzumühen, gönnen wir uns erst einmal kalte Getränke und ein paar Empanadas und tauschen Nachrichten mit Familie und Freunden daheim aus.
Erst gegen 17:00 Uhr beziehen wir schließlich unser Zimmer – ein charmantes, gemütliches Refugium. Doch viel Zeit, uns dort aufzuhalten, nehmen wir uns nicht, denn wir tun etwas völlig Ungewöhnliches für uns: Wir gehen an den Pool!
Dort treffen wir auf zwei sympathische Pärchen, eines aus Argentinien und eines aus Deutschland. Die Gespräche sind lebhaft und unterhaltsam und die Zeit verfliegt wie im Nu. Ehe wir uns versehen, ist es bereits 19:30 Uhr.
Wir machen noch einen kurzen Abendspaziergang durch das nette kleine Örtchen, wobei uns eine Begebenheit die Haare zu Berge stehen lässt:
Die einzige Tankstelle im Ort ist außer Betrieb und wir werden im angrenzenden Handwerkerladen zu einem Mann zwei Straßen weiter verwiesen. Tatsächlich finden wir den beschriebenen Ort und dort einen Mann, der Benzin in Plastikflaschen anbietet – ein Anblick, der uns kurz sprachlos macht 😳 — wir beschließen morgen doch lieber anderswo nach einer funktionierenden Tankstelle zu suchen.
Zum Abendessen kehren wir in die Hacienda zurück. Das Essen ist fantastisch, allerdings hat Andreas leider nur begrenzt Freude daran – ein schmerzender Zahn macht ihm das Kauen schwer.
Für mich hat das einen kleinen Vorteil: Ich darf fast zwei Nachtische ganz alleine genießen. Glück für mich, Pech für ihn!
Mit vollen Mägen und einem ereignisreichen Tag im Rücken wünschen wir uns gegenseitig eine gute Nacht 😴
¡Buenas noches!