Kanada

Plain of Six Glaciers

Der Wecker klingelt wieder sehr früh, denn auf dem Plan steht heute der Lake Louise und wir wollen vor dem großen Massenansturm dort sein.

Auch wenn der Wetterbericht für heute nur 0.1 Stunden Sonne und dafür 99 Prozent Regenwahrscheinlichkeit verspricht, halten wir an unserem Plan fest.

Wir schmeißen ein paar Eier in die Pfanne, braten Würstchen dazu und sitzen um 7:30 Uhr im Auto nach Lake Louise.

Der Himmel sieht bei der Abfahrt gar nicht mal schlecht aus — ansatzweise sogar blau — vielleicht haben die Wetterfrösche ja Unrecht? Die Hoffnung stirbt zuletzt…

Aber als wir eine halbe Stunde später am Parkplatz vom Lake Louise ankommen, sind wir schon von der Realität eingeholt worden.

Von blau ist weit und breit nichts mehr zu sehen am Himmel, dafür regnet es Bindfäden. Müssen diese Quaker denn unbedingt Recht behalten?

Na wenigstens fällt uns jetzt die Entscheidung leicht, was wir anziehen sollen und wir haben meine Regenhose in Jasper nicht umsonst gekauft wink.

Und es gibt heute keinerlei Parkplatz-Probleme. Da soll mal noch einer behaupten, am Lake Louise würde es von Touristen nur so wimmeln — wir sehen gerade mal eine Handvoll Leute.

Wir stapfen los in heftigstem Regen und die Fotostopps unterwegs halten sich entsprechend in Grenzen… Wir treffen kaum eine Menschenseele, aber der Regen lässt immer mehr nach, bis er nach einer Stunde tatsächlich fast aufgehört hat.

Andreas meint nur „Was für ein tolles Wetter — aber wir sind ja schon zufrieden, wenn es nur langsam regnet“ biggrin

Am Mirror Lake machen wir eine kurze Verschnaufpause. Bei besserem Wetter spiegelt sich hier der Big Beehive im See — wir wollen unsere Ansprüche heute aber nicht allzu hoch schrauben. Ein netter Anblick ist es allemal…

Von nun an wird es mit dem Wetter zunehmend besser, so dass wir auf dem weiteren Weg zum Lake Agnes doch ab und an mal die Kamera herausholen.

Nach 90 Minuten erreichen wir dann das Lake Agnes Teahouse und obwohl es mittlerweile richtig schön geworden ist, ist das Teahouse komplett leer — wir haben freie Platzwahl thumbsup

Ich bestelle mir eine heiße Schokolade und Andreas — man höre und staune — trinkt einen Tee. Das ist so eine Sensation, dass sie direkt fotografisch festgehalten werden muss wink

Außerdem genehmigen wir uns noch ein paar Scones mit Marmelade — wenn schon denn schon…

Wir plaudern ein wenig mit der Bedienung, die mangels Gästen gerade wenig zu tun hat und sie erzählt uns, wie sie im Sommer ihre Lebensmittel etc. hier hoch bekommen.

Wir hatten ja angenommen, dass sie diese mit Pferden transportieren, aber weit gefehlt. Die Angestellten müssen alles im Rucksack nach oben tragen. Es gibt nur einen Hubschrauber pro Saison, der die wirklich schweren Dinge wie Gas, Zucker und Mehl bringt. Aber den ganzen Rest wie auch die Abfälle, die wieder nach unten müssen, müssen die Angestellten schleppen. Das erklärt natürlich auch die heftigen Preise im Teahouse, denn wirklich günstig ist das hier nicht…


Nach einer halben Stunde Pause brechen wir wieder auf. Da der Regen inzwischen komplett aufgehört hat und die versprochenen sechs Minuten Sonne auch schon überschritten sind, sind wir wieder etwas optimistisch und beschließen, den Weg über den Big Beehive zu nehmen.

Zunächst wird aber nach einem Blick zurück in’s Tal der Lake Agnes umrundet.

Dann machen wir uns an die Switchbacks, die zum Big Beehive führen. Der Weg ist schon etwas steil, aber die Quälerei lohnt sich definitiv — uns erwartet ein toller Aussichtspunkt mit grandiosem Blick auf den Lake Louise und das Fairmont Hotel.


Mittlerweile ist es 11:00 Uhr und wir befinden, dass das noch genug Zeit ist, um den großen Loop über die Plain of Six Glaciers zu drehen.

Der Weg führt zunächst weiterhin durch den Wald und ist relativ einsam. Und unsere Wildlife-Sichtungen nehmen größere Ausmaße an: wir sehen ein Perlhuhn, mehrere Chipmunks und viele hübsche farbenfrohe Vögel.

Später treffen wir auf den Weg, der vom Lake Louise direkt zu den Six Glaciers führt und es wird deutlich belebter.

Gegen 13:00 Uhr kommen wir dann am Six Glacier Teahouse an. Hier ist es schon ziemlich voll — das Erlebnis des leeren Teehauses von heute Morgen wird wohl einmalig bleiben…

Andreas ist beim Tee auf den Geschmack gekommen und bestellt sich nochmal einen Earl Grey — ich nehme zum Aufwärmen die Tagessuppe.

Bevor wir wieder aufbrechen, wollen wir noch geschwind die Restrooms benutzen. Diese sind allerdings echt übel. Jeder, der wieder heraus kommt, verzieht furchtbar angewidert das Gesicht und eine Asiatian muss sich direkt im Gebüsch übergeben.

Wir verzichten dankend und suchen uns stattdessen einen Platz in der Natur…

Dann machen wir noch den kurzen Abstecher zum Lookout, wo wir einen schönen Blick auf die Namensgeber des Trails haben:

Gegen 14:30 Uhr machen wir uns schließlich wieder auf den Rückweg und müssen jetzt tatsächlich die Sonnenbrillen auspacken.

Und was lernen wir daraus? Richtig — Wetterfrösche sind auch nur Menschen. Aber völlig Unrecht hatten sie dann doch nicht:

Als wir am Lake Louise ankommen, fängt es wieder leicht an zu tröpfeln.

Zunächst nicht wirklich schlimm, aber wir werden wachsam, insbesondere als wir den ein oder anderen Donner hinter uns hören.

Noch zwei Kilometer bis zum Parkplatz. Kommen wir im Trockenen zum Auto?

Nein, das wäre dann wohl zu viel des Guten gewesen bei der Wettervorhersage, die wir für heute eigentlich hatten.

Natürlich werden wir nass, und zwar richtig: Es fängt heftig an zu gewittern und der kurze Sprint zum Parkplatz hilft uns auch nicht. So schließt sich also für uns heute der Wetterkreis wink.

Uns tun nur die vielen Wanderer leid, die jetzt noch oben bei den Six Glaciers sind, und das dürften nicht gerade wenige sein. Vor allem waren da einige dabei, die bekleidungstechnisch eher schlecht ausgerüstet waren…

Aber insgesamt konnten wir heute mit dem Wetter wirklich zufrieden sein — unsere Erwartungen wurden bei weitem übertroffen und von der ersten Stunde vielleicht mal abgesehen, war das wirklich eine tolle Wanderung.


Um 16:30 Uhr sitzen wir im Auto, entledigen uns der klatschnassen Klamotten und schalten das Gebläse auf die höchste Stufe, damit man durch die Scheibe wieder etwas sehen kann wink.

Es setzt eine regelrechte Flucht vom Parkplatz ein und eine riesige Autoschlange wälzt sich vom See in Richtung Stadt. Wir reihen uns ein und sind eine halbe Stunde später wieder in Field in unserer Ferienwohnung.

Nachdem wir in aller Eile das Auto leer geräumt haben, lassen wir uns erst mal eine heiße Badewanne ein, um uns etwas aufzuwärmen.

Kochen wollen wir heute nicht schon wieder, stattdessen geben wir dem Siding eine Chance. Dieses ist Souvenirshop, General Store und Bistro — alles in einem und die Burger, die es hier gibt, sind echt lecker.

Ansonsten passiert heute nicht mehr allzuviel — in unserer kleinen Ferienwohnung lassen wir den Tag gemütlich ausklingen.